Food Porn: Die Lust am Blick in fremde Kochtöpfe

11 10 2011

SENDUNG: Digital.leben, Dienstag, 11. Oktober 2011,
16:55 Uhr, Ö1

Wer beim Begriff „Food Porn“ denkt, dass hier Karotten und Melanzani irgendwie zweckentfremdet werden, der irrt. Denn Food Porn hat zwar viel mit Verbotenem, mit Sinnlichkeit und Exhibitionismus zu tun. Aber rein gar nichts mit Sex. Food-Porn-begeisterte Internetuser erfreuen sich in ihren Blogs gegenseitig mit anregenden Bildern von Speisen. Von scharfen exotischen bis hin zu unanständig-kalorienreichen.

Amateur, Table Dance, Hardcore

„All deine köstlichen Träume und verbotenen Fantasien werden hier erfüllt“ – Das verspricht der US-amerikanische Blog Foodporn.com. Unter der Subkategorie „Amateur“ verbergen sich Bilder von Selbstgekochtem, unter „Table Dance“, die Lieblingslokale von Bloggerin Chantrelle. Klickt man auf „Hardcore“ landet man bei Pilzfotos und Rezepten für Pilzgerichte. „Hardcore daran ist, dass wir die Pilze selber sammeln“, erklärt Chantrelle und das ist in Kalifornien fast überall verboten, „wir ziehen die Regenmäntel an, schleichen in den Wald und verstecken die Pilze im Rucksack. Wenn dich der Ranger dabei erwischt, wird das teuer. Und noch dazu nimmt er dir die Pilze wieder ab.“

Chantrelle, die mit bürgerlichem Namen Robyn Pearson heißt, lebt in Santa Cruz, Kalifornien. Sie liebt kochen, essen und Essen fotografieren. Seit mittlerweile 12 Jahren dokumentiert die Programmiererin ihre kulinarischen Erlebnisse in ihrem Foodporn-Blog und unterhält sich mit Prominenten – meist ihren Lieblingsautoren und –musikern – über das Essen.

Wenn sich die Welt um diesen einen Bissen dreht
Der Begriff „Foodporn“ beschreibt das visuell ansprechende „Zur-Schau-stellen“ von Speisen: Vom knackig frischen Salat mit frischen Kräutern und gebratenem Ziegenkäse bis hin zur Cremetorte mit Schokostreusel. In Zeiten des Schlankheitswahns hat Essen für viele Menschen – vor allem Frauen – etwas sündig Verbotenes. Und so finden sich insbesondere in US-Blogs oft Bilder von üppigen Burgern und fetttriefenden Pommes. Man schaut sich das an, was man eigentlich nicht essen sollte. Quasi als Ersatzbefriedigung. „Because we all have a little fat guy living inside of us!”, lautet das Motto jenes Twitter-Users aus Chicago, der unter dem Nick FoodPorn Links zu Essensfotos postet.

Für Chantrelle wiederum hat Essen gar nichts Verbotenes. Sie ernährt sich ausgewogen und gesund. Für sie ist es reine Lust „Es geht um diesen unvergleichlichen Genuss, den dir ein guter Bissen verschaffen kann. Ich spreche nicht von tonnenweise kalorienreichem Zeug. Foodporn ist, wenn sich für einen Moment die ganze Welt nur noch um diesen einen Bissen dreht.“

Körpersäfte zum Triefen bringen
„Beim Porno schaut man sich ja auch Bilder an und es kommt dann zu einer Reaktion im eigenen Körper. Das ist beim Foodporn auch der Fall“, erklärt die chinesisch-stämmige Wienerin Weina Zhao, „du siehst die Essensfotos und du spürst, wie dir der Speichel im Mund zusammenläuft und du hungrig wirst“. Weina ist keine Bloggerin, sondern Foodporn-Konsumentin. Sie besucht fast täglich irgendwelche Essens-Blogs. Am liebsten schaut sie sich vegetarische, asiatische Speisen an – als Inspiration für ihr eigenes Kochen. Doch nicht immer ist das, was man sich gerne anschaut, auch das, was man gerne isst. Für Weina sind das zum Beispiel süße bunte amerikanische Cupcakes: „Diese kleinen bunten Dinger mit viel Creme schauen halt wahnsinnig toll aus. Schmecken tun sie mir gar nicht, aber allein schon diese tollen Farben. Ich steh total auf rosa Essen.“

Wenn sie auf Reisen geht, versucht Weina, all ihre genossenen Speisen fotografisch festzuhalten, um sie dann mit ihren Freunden auf Facebook teilen zu können. Und das sind dann meist auch die Bilder, auf die sie die meisten Reaktionen erhält, erzählt sie. Übrigens eine Leidenschaft, die sie mit Foodbloggerin Chantrelle teilt: „Unter meinen Urlaubsfotos sind meist ganz wenig Bilder von Menschen und Orten, dafür umso mehr Bilder von Essen. Für mich ist das wie eine Chronik meines Lebens. Und wenn sich das andere Leute gerne anschauen – wunderbar.  Aber in erster Linie mach ich das für mich selbst.“

LINKS:

Foodporn.com – Bringing you the finest food images and resources on the web. Redirecting Perverts to the Refrigerator since 1999.

Foordporn.net – Food photography

foodporndaily.com – The FoodPornDaily Cookbook

Don Alphonso’s Food Porn Kalender


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