TTIP (1) Umstrittener Freihandel

30 12 2015
SENDUNG: Radiokolleg, Montag, 28. Dezember 2015, 9:30 Uhr
7 Tage Ö1 zum Nachhören

Schon seit vielen Jahren üben zivilgesellschaftliche Organisationen Kritik an der Handelspolitik der EU. Zunächst ging es dabei um Freihandelsabkommen mit Entwicklungs- und Schwellenländern: Knebelverträge, mit denen Europa arme Länder ausbeute, lautete der Vorwurf. Doch seit die EU begonnen hat, Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada zu verhandeln, wird der Widerstand dagegen zu einer Massenbewegung: Denn die Transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP – mit den USA – und CETA – mit Kanada – werden sich auch auf die europäischen Bürger und Bürgerinnen auswirken. Im Herbst diesen Jahres gingen in Europas Städten hunderttausende Menschen gegen TTIP auf die Straße.

(c) Global 2000

(c) Global 2000

Ins Herz der Gesellschaft

Die Debatte verläuft emotional und hitzig rund um das geplante Freihandelsabkommen TTIP – dem transatlantischen Abkommen zwischen der Europäischen Union und USA. Mehr als drei Millionen besorgter Europäer und Europäerinnen haben eine Bürgerinitiative gegen TTIP unterschrieben. Etwas weniger Aufmerksamkeit bekommt CETA, ein ganz ähnliches Abkommen mit Kanada. Der Wirtschaftssektor und die EU-Kommission verstehen die Welt nicht mehr: Schließlich sollten TTIP und CETA ja Wachstum und Arbeitsplätze bringen. Woher also der Unmut? Den Rest des Beitrags lesen »





In den Protestcamps der Republik Moldau

19 10 2015
SENDUNG: Europa-Journal, Freitag, 16. Oktober 2015, 
18:20 Uhr, Ö1
7 Tage Ö1 zum Nachhören

Seit Monaten gehen in der moldawischen Hauptstadt Chisinau immer wieder zehntausende Menschen auf die Straße, um gegen die Regierung zu protestieren. Die Republik Moldau – die ehemalige sowjetische Teilrepublik Moldawien – gilt als das „Armenhaus Europas“. Sie kämpft nicht nur mit Wirtschaftskrise, Inflation und Massenauswanderung, sondern auch mit Korruption. Vergangenes Jahr „verschwand“ eine Milliarde US-Dollar aus dem Budget. Die Menschen fordern Aufklärung und Bestrafung der Übeltäter. Mittlerweile haben drei verschiedene Gruppen Protestlager im Zentrum der Hauptstadt errichtet.

(c) ullae

Die verschwundene Milliarde

Der weit angelegte Platz vor dem Regierungsgebäude bildet den Stadtkern von Chişinau , der Hauptstadt der Republik Moldau, der ehemaligen sowjetischen Teilrepublik Moldawien. Hier haben etwa 80 Aktivisten der pro-europäischen Bürgerplattform „Würde und Wahrheit“ ihre Zelte aufgebaut, direkt am Asphalt. Vor dem – etwas größeren – Versammlungszelt weht neben der moldawischen Flagge auch eine EU-Fahne. Den Rest des Beitrags lesen »





Albanien: Europas letzter Wildfluss in Gefahr

14 10 2015
SENDUNG: Journal Panorama, Mittwoch, 14. Oktober 2015, 
18:25 Uhr, Ö1 / Tage Ö1 zum Nachören

Wasserkraft gilt als eine sehr saubere Energieform. Gerade in Zeiten des Klimawandels wollen viele Regierungen daher auf erneuerbare Energien setzen. Doch auch Wasserkraftwerke können große Schäden an Ökosystemen anrichten. Derzeit schauen Europas Umweltschützer mit besorgtem Blick auf die Balkanländer, wo unzählige Staudammprojekte geplant sind. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei der Vjosa in Albanien. Sie ist der letzte unregulierte Wildfluss Europas.

(c) Siobhan Geets

„Hände weg von der Vjosa“
April 2015: Eine Gruppe von etwa 150 Demonstranten hat sich am Flussufer der Bencë versammelt, einem kleinen Nebenfluss der Vjosa, im Süden Albaniens. „Hände weg von der Vjosa“ steht auf ihren Transparenten. Insgesamt sind 33 Wasserkraftwerke entlang der Vjosa geplant. Auch deren Zuflüsse bleiben nicht verschont. Hier an der Bencë werden fünf kleine Wasserkraftwerke errichtet. Die Bauarbeiten haben zum Teil schon begonnen. Den Rest des Beitrags lesen »





Tropicalismo & MPB (3) Zensur und Verfolgung

9 09 2015
SENDUNG: Radiokolleg "Brasiliens Musik unter der 
Militärdiktatur", Mittwoch, 9. September 2015, 
9:45 und 22:40 Uhr, Ö1

Rio de Janeiro 1974: Der Sänger Chico Buarque de Holanda präsentiert das Lied eines Komponisten aus der Favela namens Julinho de Adeleide. „Acorda Amor“ (Wach auf, meine Liebste), so der Titel. Das Lied handelt von einer Episode aus dem Leben des Julinho de Adeleide, erzählt Chico Buarque. Der Kleinkriminelle wird eines Tages aus dem Schlaf gerissen, weil die Polizei an seine Tür klopft.

 acordaamor

Kein richtiger Sänger

Es ist eine Erfahrung, die Chico Buarque mit dem Autor des Liedes verbindet. Im Dezember 1968 war Chico im Morgengrauen verhaftet worden. Wenige Tage davor hatte Diktator Costa e Silva ein neues Gesetz erlassen, das Bürgerrechte, Versammlungs- und Meinungsfreiheit außer Kraft setzte. Die Verfolgung von Regimekritikern beginnt. Den Rest des Beitrags lesen »





Tropicalismo & MPB (2) Musikfestivals als Orte des Protests

8 09 2015
SENDUNG: Radiokolleg "Brasiliens Musik unter der 
Militärdiktatur", Dienstag, 8. September 2015, 
9:45 Uhr und 22:40 Uhr, Ö1 / 
7 Tage Ö1 zum Nachhören

proibido

„Ihr versteht wirklich überhaupt nichts!
Was für eine Jugend soll das sein???
Wisst ihr, wem ihr ähnelt? Ihr ähnelt jenen, die zum Stück „Roda Viva“ gingen und die Schauspieler verprügelten…“

Publikumsbeschimpfung auf Brasilianisch. Im November 1968, am 4. Festival der brasilianischen Musik in São Paulo, performt der Musiker Caetano Veloso, Protagonist der Tropicalia-Bewegung, gemeinsam mit der Band „Os Mutantes“ seinen Beitrag „É proibido proibir“ (Es ist verboten zu verbieten). Das Publikum ist gar nicht begeistert.

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Tropicalismo & MPB (1) Musik und Widerstand

7 09 2015
SENDUNG: Radiokolleg "Brasiliens Musik unter der 
Militärdiktatur", Montag, 7. September,
9:45 Uhr und 22:40 Uhr, Ö1 
7 Tage Ö1 zum Nachhören 

Francisco Soriano ist leidenschaftlicher Akkordeon-Spieler. Gemeinsam mit seinem langjährigen Freund, dem Menschenrechtsanwalt Modesto da Silva sitzt er heute in seinem Wohnzimmer in Rio de Janeiro und musiziert. „Viele ehemalige Mitkämpfer haben ihr Trauma nie überwunden. Sie sind Alkoholiker geworden oder haben sich umgebracht“, erzählt Soriano, „was mir persönlich geholfen hat, nicht den Verstand zu verlieren, das war die Musik.“ Die beiden ehemaligen Widerstandskämpfer trinken chilenischen Rotwein und erzählen von der alten Zeit, die für sie keine gute Zeit war.

Plattencover "Tropicalia. Ou panis et circensis"

Feinfühlige Musik junger Intellektueller

1964 putscht sich in Brasilien das Militär an die Macht. Damals war Francisco Soriano in der Gewerkschaft des staatlichen Erdölkonzerns Petrobras aktiv. Nach dem Putsch verliert der überzeugte Kommunist seine Arbeit. Er schließt sich dem bewaffneten Widerstand an, wird geschnappt, eingesperrt und gefoltert. Den Rest des Beitrags lesen »





Im digitalen Babylon

31 05 2015
SENDUNG: Matrix, Sonntag, 31. Mai 2015, 
22:30 Uhr, Ö1 
7 Tage zum Nachhören

Wenn technische Möglichkeiten vorhanden sind, Politik transparenter, bürgernaher und partizipativer zu gestalten – warum werden sie dann nicht genutzt? Und: wie könnte moderne Informationstechnologie zu mehr Demokratie in Entwicklungsländern führen? Über diese und ähnlichen Frage wurde vergangene Woche an der Donau-Universität in Krems diskutiert. Das dortige Zentrum für E-Government hatte zur CeDem – Conference for Democracy and Open Government geladen. Auf dieser jährlich stattfindenden Konferenz machen sich Experten aus aller Welt Gedanken, welche Herausforderungen und Möglichkeiten die digitale Entwicklung für die Politik von morgen bereit hält.

(c) MIT Press

Katastrophale Kommunikationsprobleme

Wer verarbeitet eigentlich weltweit die größte Anzahl an Daten? Diese Frage stellte sich der israelische Politikwissenschaftler und Informatiker Alon Peled im Promotion-Video zu seinem Buch „Traversing Digital Babel“, zu Deutsch: Ein Streifzug durch das Digitale Babylon. Im Jahr 2013 verarbeitete die Suchmaschine Google 67,2 Millionen Terabytes. Die NSA, die durch ihre Spionagetätigkeiten unrühmlich bekannt gewordene US-amerikanische Geheimdienstbehörde verarbeitet jährlich sieben mal so viele Daten wie der Suchmaschinenriese Google. Allerdings: sie hält sie unter Verschluss. Nicht einmal andere US-Geheimdienstbehörden dürfen wissen, was die NSA so an Informationen sammelt Den Rest des Beitrags lesen »





Fische, Ameisen & giftige Wurzeln: Die Küche des Amazonas.

29 05 2015
SENDUNG: Moment Kulinarium, Freitag, 29. Mai 2015, 
14:40 Uhr, Ö1
7 Tage Ö1 zum Nachhören 

Piranha-Suppe mit Maniok-Mehl, Schwarzer Pacu-Fisch mit Yamswurzel-Püree, Austern mit Cupuaçu-Sorbet – derartige Dinge finden sich auf Speisekarten von modernen Amazonas-Restaurants in Brasilien. „Meiner Ansicht nach, ist die Küche des Amazonas gar nicht exotisch. Sie kommt den Leuten nur so vor, weil sie die Region nicht kennen“, meint Küchenchefin Natacha Fink. Sie hat leicht reden. Sie ist schließlich in Manaus, der Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaates Amazonas aufgewachsen. Von Kindheit an hat sie Fische aus dem Amazonas, Wurzeln und Früchte aus dem Regenwald gegessen, zubereitet von ihrer indigenen Großmutter. Nicht zuletzt dank des brasilianischen Starkochs Alex Atala, hat die Kulinarik der Amazonas-Region mittlerweile Einzug in die internationale Haubenküche gefunden. 

(c) Espirito Santa

Krabbelnde Eiweißquellen

„Welche Gewürze hast du für dieses Gericht verwendet?“
„Ameisen.“
„Ich wollte wissen, welche GEWÜRZE du verwendet hast.“
„Mein Sohn, es sind nur Ameisen.“

Von diesem Gespräch berichtet der brasilianische Haubenkoch Alex Atala in seinem Buch „D.O.M. Die neue brasilianische Küche“. In São Miguel das Cachoeiras, im nordbrasilianischen Bundesstaat Amazonas, hatte er Dona Brazi, eine indigene Frau, getroffen, die dort am Marktplatz lokale Spezialitäten angeboten hatte. Bei Dona Brazi lernte Alex Atala die typisch nordbrasilianische Würz-Sauce Tucupí kennen. Den Rest des Beitrags lesen »





Olympisches Segelrevier mit schwimmenden Kühlschränken

28 05 2015
SENDUNG: Ö1 Morgenjournal, Samstag, 16. Mai 2015
Ö1 zum Nachhören 

Noch etwas mehr als ein Jahr bis zu den Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro. Lange Zeit zeigte sich das Olympische Komitee besorgt über die zögerlichen Vorbereitungen der Brasilianer. Doch inzwischen scheinen die meisten Infrastrukturmaßnahmen wieder im Zeitplan zu liegen. Das größte Sorgenkind ist jedoch die Verschmutzung der Bucht von Guanabara. Dort sollen die Olympischen Segelbewerbe stattfinden. Seit Jahrzehnten werden dort Abwässer der Stadt hineingeleitet. Die Regierung von Rio hatte versprochen, die Bucht bis zu den Spielen weitgehend zu reinigen. Völlig unmöglich, sagen Umweltschützer.

guanabara

Gefährliches Wasser

Ein Sonnentag am Strand von Flamengo in Rio de Janeiro, gleich neben dem Segelhafen Marina da Glória. Hier in der Bucht von Guanabara sollen im Sommer 2016 die olympischen Segelbewerbe ausgetragen werden. Am Strand laufen Jogger mit Blick auf den Zuckerhut, unter den Palmen picknicken Familien. Ins Wasser geht hier jedoch kaum jemand. Aus gutem Grund, erklärt der Biologe und Umweltaktivist Mario Moscatelli: „In diesem Wasser kannst du Hepatitis bekommen, oder zumindest Augenentzündungen oder Ohrenentzündungen. Die Bucht von Guanabara ist eine riesige Toilettenanlage und eine riesige Mülldeponie.“ Den Rest des Beitrags lesen »





Militärdiktatur (4) Das Erbe der Diktatur

1 05 2015
SENDUNG: Radiokolleg, Donnerstag, 16. April 2015, 
9:30 Uhr, Ö1

März 2015. Hunderttausende Menschen gehen in Brasilien auf die Straße. Anlass für die Wut ist ein Korruptionsskandal rund um den staatlich kontrollierten Erdölkonzern Petrobras. Es ist großteils die gut situierte Mittelschicht, die hier demonstriert. Sie fordert die Absetzung der linken Präsidentin Dilma Rousseff. „Wenn wir zulassen, dass alles so weiter geht, dann enden wir wie Venezuela oder Kuba. Oder noch schlimmer“, meint eine Demonstrantin. Ein junger Mann ist der Meinung, man müsse den Kommunismus in Brasilien bekämpfen, denn schließlich bilde sich in Lateinamerika gerade ein Block kommunistischer Staaten.

foto: Felipe Braga, Wikimedia Commons

Brasil Nunca Mais?

Immer wieder tauchen in den Demonstrationen sogar Plakate auf, die eine Militärintervention erbitten. „Wenn du ein Krebsgeschwür hast, dann musst du es mit drastischen Mitteln entfernen. Eine Intervention der Armee wäre das beste“, sagt eine junge Frau unverblümt in eine Kamera. Über soziale Medien verbreiten sich Video-Botschaften, wie diese: „Brasilianische Streitkräfte, kommt und setzt der Korruption dieser kommunistischen Regierung ein Ende. Ein Land mit 200 Millionen Einwohnern, mit so vielen Reichtümern und Bodenschätzen, kann doch nicht von einer Diebesbande aus den sozialen Bewegungen regiert werden.“ Den Rest des Beitrags lesen »